Indien und Kamerun kochen auf
Kiedrich – Die weitläufige Parkanlage im Inneren des Scivias-Campus am Ortsausgang von Kiedrich ist fein hergerichtet. Kleine gelbe Partyzelte markieren eine Reihe schattiger Veranstaltungsinseln auf der Rasenfläche, an denen im Laufe des heutigen Tages gespielt, gebastelt und gemalt oder an denen es mehr oder weniger Außergewöhnliches zu essen und zu trinken geben wird.
Erste Gäste schreiten durch den Park. Kiedrichs Bürgermeister Winfried Steinmacher (SPD) ist einer von ihnen. Im Schatten des Verwaltungsgebäudes liest Pfarrer Robert Nandkisore am improvisierten Altar die öffentliche Andacht zur Eröffnung des Sommerfestes.
Fest ist auch ein Dank an die Pflegekräfte
„Auf den Tag genau vor 22 Jahren hat letztmalig an dieser Stelle ein Sommerfest stattgefunden,“ betont Anton Lill, Geschäfsführer der Scivias Caritas gGmbH. „Heute, am Vortag der traditionellen Valentinus-Wallfahrt, ist dieser Ort offen für eine erneute Begegnung von Mitarbeitern, Betreuern, Kiedricher Bürgern und Gästen aus der Umgebung.“
Tatsächlich ist Scivias mit 250 Mitarbeitern größter Arbeitgeber in der Gemeinde Kiedrich. Betreuer und Pflegekräfte aus aller Welt kümmern sich um 200 Patienten und Klienten.
„Wir sind das Valentinushaus, ein Kunterbunt von Mitarbeitern, ob jung oder alt, ob erfahren oder in Ausbildung, ob hier geboren oder aus anderen Ländern“, untermauert Pfarrer Nandkisore den an die Mitarbeiter gerichteten Teil seiner Predigt. „Und es gibt die, die bewusst ihre Heimat verlassen haben, um uns in diesem Haus zu unterstützen! Ihnen zollen wir besonderen Dank!“
Die zahlreichen Zuhörer quittieren die Anerkennung, an die indischen Ordensschwestern in der Einrichtung adressiert, mit viel Applaus. So soll das Fest gleichsam auch ein Akt
der Dankbarkeit an alle Pflegekräfte und Betreuer sein, die sich Tag für Tag in den schwierigen, durch Fachkräftemangel gekennzeichneten Zeiten mit Hingabe und Empathie einbringen. „Wir feiern heute für uns, mit uns und mit Kiedrichern“, macht Geschäftsführer Lill in seiner Ansprache noch einmal deutlich. Zum Fest haben die multikulturellen
Mitarbeiterinnen eine kulinarische Plattform. Die ortsansässigen Kessy Scriba und Hubert Allert haben einen bunten und Appetit anregenden Stand aufgebaut. Im kulinarischen Angebot: Das traditionell-indische Kartoffel-Curry, zubereitet von den Pflegerinnen, und das Linsengericht aus der Küche von Pfarrer Nandkisore, der zur Hälfte übrigens auch indische Wurzeln hat. Die frischen Knollen stammen vom benachbarten Wachholderhof, die Gewürze und Rezepturen aus der Heimat der Ordensschwestern. Nur ein paar Meter weiter wartet Küchenchef Uwe Fischer mit einer internationalen Köstlichkeit auf. Er bildet zurzeit in der Großküche der Einrichtung fünf junge Frauen aus Kamerun aus. Heute dürfen auch sie zum Fest mit vegetarischen Köstlichkeiten aus ihrer Heimat aufwarten.
300 Portionen Kartoffel-Curry
Mittlerweile füllt sich der Park mit Gästen jedweden Alters. Unter der drückenden Mittagssonne suchen die meisten ein schattiges Plätzchen unter Platanen oder Partyzelten. Aber nicht nur die Hitze des Tages scheint die Menschen zusammenzubringen. Das gelebte wie inszenierte multikulturelle Miteinander tut das Übrige. Allert und seine indischen Nachbarn haben schließlich 300 Portionen des Kartoffel-Curry vorbereitet.
Autor: Karl-Heinz Behrens